Wie Sie Bußgelder und Strafen vermeiden können
Die Mobilität entwickelt sich rasant und damit auch die für die Mobilitätsverantwortlichen zu bedienenden Rahmenbedingungen – auch in rechtlicher Hinsicht. Herausforderung und Chance zugleich. Was das bedeutet beschreibt der Verbandsjurist des Bundesverbandes Betriebliche Mobilität e.V. (BBM), Roman Kasten, und wagt einen Blick über den bisherigen (rechtlichen) Tellerrand. Wir können in diesem kurzen Überblick nicht auf jede Regelung eingehen. Mehr finden Sie als Mitglied des BBM im Fleet & Mobility Cockpit.
Der Fuhrparkleiter war schon immer Mobilitätsmanager, nur die Mobilität der Beschäftigten oder des Unternehmens war lange Zeit – bis auf wenige Ausnahmen – relativ eindimensional auf das Fahrzeug fokussiert. Galt man vor wenigen Jahren noch als Pionier, wenn man den Beschäftigten ein Dienstfahrrad anbieten konnte, so ist dies längst zu einem „Must-have“ geworden.
Geänderte Mobilitätsbedürfnisse
Mitarbeitende wollen flexibel sein. ÖPNV, Dienstwagen, Car-Sharing, Poolfahrzeuge, Mietwagen, Fahrrad, E-Scooter, Bahn und vieles mehr… Ein Dienstleister ist schnell gefunden, der die jeweilige Mobilität „liefern“ kann. Dem geänderten Bedürfnis wird man auf betriebswirtschaftlicher Seite also gerecht. Aber kommt das Unternehmen auch im Hinblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen bei all diesen Veränderungen mit?
Der Blick in die Vergangenheit ist die Blaupause für das Jetzt. Jeder weiß, dass von einem Fahrzeug Gefahren ausgehen. Folgerichtig wird das Fahrzeug in die Gefährdungsbeurteilung aufgenommen. Die Erkenntnisse hieraus gibt man sodann im Rahmen der Ein- und Unterweisung an die Beschäftigten weiter. Unfallverhütung und Arbeitssicherheit sind die Stichworte. Dieser Vorgehensweise sollte man dann auch bei jeder neuen Mobilitätsform folgen. Zugegeben, beim ÖPNV ist man relativ schnell fertig. Aber kennt denn jeder Mitarbeiter alle Fahrzeugmodelle im Pool? Oder alle möglichen Car-Sharing und Mietfahrzeuge? Wie sieht denn eine Gefährdungsbeurteilung für E-Scooter (der BBM warnt vor deren Einsatz) und Diensträder aus, falls der Mitarbeiter diese auch dienstlich nutzt?
Ebenso wie Unfälle sollten auch betriebswirtschaftliche Risiken „verhütet“ werden. Kennt man alle Versicherungsbedingungen rund um die erweiterten Mobilitätsformen? Hat man denn alle Obliegenheiten aus diesen Verträgen auch an die Beschäftigten weitergegeben und kommuniziert? Einfach ausgedrückt: Kennt der Mitarbeiter das Risiko im Schadensfall, kennt das Unternehmen es auch.
Eine kleine Checkliste für Verträge:
- Obliegenheiten aus dem Leasingvertrag (Kfz oder Dienstrad) -> an den Mitarbeitenden weitergegeben (z.B. im Überlassungsvertrag)?
- Obliegenheiten aus Mietverträgen (Kfz, E-Scooter etc.) -> an den Mitarbeiter weitergegeben?
Die Notwendigkeit zur Weitergabe dieser vertraglichen Regelungen betrifft sowohl die dienstliche als auch die private Nutzung!!
Eine kleine Checkliste aus dem Arbeitsschutz:
(betrifft alle Mobilitätsarten, die dienstlich genutzt werden könnten):
- Nach weit verbreiteter Auffassung umfasst der Arbeitsschutz nur das Kfz. Dies ist falsch. Der Arbeitsschutz findet überall Anwendung, wenn ein Gegenstand dienstlich genutzt wird, bzw. genutzt werden könnte.
- Ist die DGUV Vorschrift 70 bei Kfz, S-Pedelec und E-Bike jedem ein Begriff, so sind weitere Dinge zu beachten (z.B. Arbeitsschutzrichtlinien, dem ArbSchG und der Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV, und auch der allgemeinen Präventionsvorschrift DGUV Vorschrift 1).
- Hiernach fallen alle Arbeitsmittel unter diesen Anwendungsbereich (vgl. §§ 1, 3, 4 ArbSchG, § 1 BetrSichV, §§ 1, 4 DGUV Vorschrift 1). Entsprechend sind sie in die Gefährdungsbeurteilung im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung einzubeziehen (§ 3 BetrSichV). Dies gilt für alle Mobilitätsarten!
Folgen der Nichtbeachtung
Es können Bußgelder und Strafen für das Unternehmen/die Verantwortlichen drohen. Die §§ 25, 26 ArbSchG, §§ 22, 23 BetrSichV und § 32 DGUV Vorschrift 1 sehen dies vor. Darüber hinaus droht unter Umständen ein Regress der Berufsgenossenschaft bei einem Versicherungsfall. Dies kann bei grober Fahrlässigkeit des Unternehmens der Fall sein.
Implementierung neuer Antriebstechnologien
Mit den oben beschriebenen tatsächlichen Veränderungen geht aktuell auch eine technische Änderung mit einher. Der Fuhrpark- oder Mobilitätsmanager muss nicht nur neue Mobilitätsformen, sondern auch „neue“ Technologien innerhalb der Mobilität einführen. Auch wenn sie aus Sicht des Unternehmens gar nicht mehr neu erscheinen (man beschäftigt sich im Einkauf wohl schon seit Jahren mit Elektrofahrzeugen), so darf man nicht vergessen: Ein Beschäftigter fährt ggf. zum ersten Mal so ein Fahrzeug. An die Herausforderungen der UVV sei erinnert.
Da fängt der Ärger aber erst an. Der Flexibilität geschuldet ist meist auch eine eigene Ladeinfrastruktur. Und schon findet man sich als Mobilitätsmanager wieder zwischen lauter Versicherungsverträgen (Gebäudeversicherung, Elektroversicherung, Kaskobedingungen etc.). Man prüft und bildet Schnittmengen (Überversichert). Man prüft und findet Lücken (Unterversichert). Brauche ich jetzt noch eine gesonderte Versicherung? Unerlässlich wird es sein, einen klaren Überblick zu haben.
Nachhaltigkeit
Eine weitere Herausforderung ist die Nachhaltigkeit. Zum einen verlangen gesetzliche Regelungen bereits einen Blick auf die Entwicklung von CO2-Emissionen (man denke hier nur an die CSR-Berichtspflicht etc.). Zum anderen haben sich die meisten Unternehmen aber auch eigene Regelungen für ein nachhaltiges Wirtschaften gegeben. Auch diese Regelungen sind zu beachten (Compliance). Carsharing, Poolfahrzeuge, alternative Antriebstechnologien und klimaschonendes Fahrverhalten sind ein Dauerthema.
So stellt sich unweigerlich die Frage, ob ich bestimmten Mitarbeitenden bestimmte Mobilitätsarten versagen darf, bzw. nur bestimmten Mitarbeitenden bestimmte Dinge zur Verfügung stellen kann. Die Antwort: Ja, wenn es denn einen nachvollziehbaren Sachgrund hierfür gibt. Es dürfen also nicht „Gleiche“ ungleich behandelt werden. Nachvollziehbar ist ein Sachgrund, wenn er bestimmte abgrenzbare Personengruppen, Mitarbeitende, trifft.
Der „Wandel“ der Mobilität ist wohl allumfassender Bestandteil der täglichen Arbeit geworden. Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen ist die tatsächliche Umsetzung im Unternehmen jedoch von mannigfaltigen rechtlichen Rahmenbedingen begleitet. Diese gilt es zu erkennen – nur dann kann man sie auch beachten.
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